Harry
Irgendwie ist Harry mit der Frisörakademie in der Marbach (wie die Einheimischen den Marburger Stadtteil nennen) verbunden. Wie genau, weiß keiner so recht. Er ist um die 60, hat einen gigantisch dicken Bauch, ein Rüpel, mit polternder Stimme. Wenn sein Pop-Gott Prince aus dem alten Röhrenradio singt, kann Harry aber ein ganz weicher Kerl sein. Den Tränen nahe.
Seltsamer Charakter
Doch er hat einen perfiden Plan, den er unbedingt umsetzen möchte. „Auch gibt es niemanden, der den Schmerz an sich liebt, sucht oder wünscht, nur, weil er Schmerz ist, es sei denn, es kommt zu zufälligen Umständen, in denen Mühen und Schmerz ihm große Freude bereiten können.“ Dieser tiefsinnige Satz hätte von Harry stammen können – könnte er sich derart elegant ausdrücken. So hat Harry auch keine „geliebte Ehefrau, die ihn zeitweise irritiert“, für sie ist sie nur die „nervende, zeternde Alte“.
Harrys spektakuläre Flucht. Von der Frisörakademie rennt der Dickbäuchige Richtung Grundschule und Markuskirche. Völlig außer Atem.
Dem Zeitungsausträger gab Harry diesen Zettel, auf dem seine Handynummer stand: 0176 695 70412. Anrufen solle er Harry, wenn er Birger und Betty sehe, mahnte ihn der Brutale. Was der Zeitungsausträger noch nicht entdeckt hatte, war die dazugekritzelte E-Mail-Adresse: bloodyharry at gmx punkt net
Für alle Fälle. Doch dorthin würde der Austräger eh niemals eine Mail schicken, zu groß wäre die Gefahr, dass das Falsche in der Nachricht steht. Und Harry würde sich dann bitter rächen bei dem Absender der E-Mail. Also eine brandgefährliche Mailadresse.